Pressmitteilung Auslandschweizer-Organisation (ASO)
Käfigturm, Bern – 21. Mai 2012
Die Auslandschweizer-Organisation präsentierte auf ihrer heutigen Pressekonferenz in Bern aktuelle Daten zum Wahlverhalten der Auslandschweizer. Aus der vorgestellten Studie von Michael Hermann, Politologe an der Universität Zürich, geht hervor, dass die im Ausland lebenden Schweizerinnen und Schweizer tendenziell eher linksliberal wählen. Der grösste Unterschied liegt jedoch in den unterschiedlichen politischen Präferenzen bei Abstimmungen: Hier zeigt sich die Fünfte Schweiz vor allem in migrationspolitischen Fragen deutlich offener bzw. weniger restriktiv als die im Inland lebenden Wähler.
Vor 20 Jahren ist die briefliche Stimmabgabe für Auslandschweizer eingeführt worden, welche die ASO mit auf den Weg gebracht hatte. Anlässlich dieses Jubiläums wollte die Organisation wissen, wie es heute um das Wahlverhalten der Fünften Schweiz steht. Aus diesem Grund wurde Michael Hermann, Politologe an der Universität Zürich, mit der Durchführung einer Studie beauftragt, die das Wahl- und Abstimmungsverhalten unserer im Ausland lebenden Mitbürger unter die Lupe nimmt. Zusammenfassen könnte man das politische Profil wie folgt: Auslandschweizer sind weltoffener und befürworten eine deutlich liberalere, deregulativere Politik. Dies hat die Studie gezeigt, welche an der heutigen Pressekonferenz im Polit-Forum Käfigturm in Bern vorgestellt wurde.
Eidgenössische Wahlen
Hermanns Hochrechnung basiert auf den Wahlergebnissen 2011 aus neun Kantonen, die bei der Stimmauszählung jeweils nach Auslandschweizern und im Inland lebenden Schweizern unterschieden haben. Für Überraschung sorgte vor allem das Ergebnis der Grünen: Mit 15 Prozent wählten die Auslandschweizern fast doppelt so häufig grün wie die inländischen Wähler. Und ohne die Stimmen der Auslandschweizer wären die Grünen auf Bundesebene auf nur 8,2 statt 8,4 Prozent gekommen. Insgesamt ist es jedoch die SP, die mit 21 Prozent Wähleranteil die meisten Auslandschweizer überzeugen konnte. Sie wird direkt gefolgt von der SVP mit 20 Prozent, während die Mitteparteien CVP und BDP in der Fünften Schweiz deutlich weniger Anhänger fanden. Das unterschiedliche Wahlverhalten ist vor allem auf das soziale Profil und das Bildungsniveau der Auslandschweizer Wähler zurückzuführen. So belegte eine Umfrage aus dem Jahr 2003, dass sie oft gut ausgebildet sind, in ihrem Berufsleben viel Verantwortung tragen und in einem urbanen Umfeld leben.
Eidgenössische Abstimmungen
Bei eidgenössischen Abstimmungen lassen sich die Unterschiede am besten feststellen. So vertreten Auslandschweizer in migrationspolitischen Fragen eine deutlich weniger restriktive Meinung als ihre im Land lebenden Mitbürger – der Unterschied beträgt hier im Durchschnitt ganze 19 Prozent. Bei aussenpolitischen Themen, wie z. B. der Debatte um das Schengen-Abkommen oder den biometrischen Reisepass, bezieht die Fünfte Schweiz ebenfalls eine eigene Position: Vorlagen für eine weltoffenere Politik finden bei Auslandschweizern 18 Prozent mehr Zustimmung als im Inland.
In sozialpolitischen, wirtschaftlichen und umweltpolitischen Belangen unterscheiden sich die politischen Präferenzen zwischen Ausland- und Inlandschweizern hingegen kaum.
20 Jahre Briefwahlrecht und E-Voting
Die politische Partizipation der Auslandschweizer soll weiter gefördert und vereinfacht werden. 700’000 Schweizerinnen und Schweizer leben im Ausland und 143’000 von ihnen haben sich in Stimmregistern eingeschrieben, um ihre politischen Rechte wahrzunehmen. Für die demokratische Kultur der Schweiz ist es von grosser Bedeutung, dass alle ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger, die das Wahlalter erreicht haben, ihr Stimmrecht auch wahrnehmen können – und zwar unabhängig davon, wo sie leben. Die im Jahr 1986 vom damaligen Nationalrat und späteren ASO-Präsidenten Georg Stucky eingereichte Motion zur Einführung des brieflichen Stimm- und Wahlrechts für Auslandschweizer war Ausdruck dieser Überzeugung, und am 1. Juli 1992 wurde das briefliche Stimm- und Wahlrecht schliesslich eingeführt.
Jacques-Simon Eggly, aktueller Präsident der ASO, betont: „Immer mehr Auslandschweizer schreiben sich in Stimmregistern ein, um ihre politischen Rechte auszuüben, und an den eidgenössischen Wahlen 2011 nahmen so viele Auslandschweizer wie noch nie teil.“ Und weiter: „Mit der Einführung der
brieflichen Stimmabgabe können im Ausland lebende Schweizerinnen und Schweizer ihre politischen Rechte heute zwar wahrnehmen, allerdings gibt es bei der Umsetzung noch erhebliche Probleme: Der Versand der Dokumente in Papierform führt häufig dazu, dass Dokumente zu spät oder in falscher Sprache zugestellt werden. Das alles erschwert die Partizipation an den demokratischen Prozessen.“ Abschliessend erinnerte Eggly daran, dass sich die ASO bereits seit Jahren für eine zügige Einführung des E-Votings einsetzt: „Wenn die Auslandschweizer an politischen Entscheidungen teilhaben können, zeigt das schliesslich, dass sie als ein bedeutender Teil unseres Landes anerkannt werden. Im weiteren Sinne sollte dieses moderne Instrument auch bei der Umsetzung der direkten Demokratie genutzt werden, um nicht nur unsere im Ausland lebenden Mitbürger, sondern auch die jüngere Generation in politische Entscheidungsprozesse einzubinden.“ Es geht laut Eggly nicht darum, den Auslandschweizern ein Privileg zu verschaffen – sie könnten hier ganz einfach eine Pionierrolle einnehmen.“
Die ASO hat am 20. Januar eine Petition lanciert, in der sie eine möglichst rasche Einführung von E-Voting für alle Stimmberechtigten im Inland und im Ausland fordert. Bislang wurde die Petition von mehr als 8’000 Personen unterzeichnet.
Die Auslandschweizer-Organisation ist seit 1916 im Dienste der Auslandschweizer.
Weitere Informationen: Auslandschweizer-Organisation (ASO)
Ariane Rustichelli, 031 356 61 00 – 078 703 56 96
rustichelli@aso.ch; www.aso.ch
1. Das politische Profil der Auslandschweizer
2. Rede von Jacques-Simon Eggly_ASO Medienkonferenz_21. Mai 2012
3. 20 Jahr AS-Stimmrecht – ASO Medienkonferenz 21. Mai 2012